Erfolg vor Bundesgerichtshof für Prämiensparer der Sparkasse
letztes Update: 28.11.2022
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- Björn-Michael Lange
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- Rechtsanwalt, Partner
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- Samstag, 09.10.2021

Sparern stehen mehr Zinsen zu!
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 06.10.2021 entschieden, dass viele nachträgliche Zinssenkungen in Sparverträgen unwirksam sind (Az. XI ZR 234/20).Das Urteil erging in einem Musterfeststellungsverfahren. Der BGH entschied, dass Banken und Sparkassen Zinsen in Sparverträgen nur nach transparenten Kriterien anpassen dürfen. Streitgegenständlich waren Sparverträge der Sparkasse Leipzig mit variablem Zinssatz. Die Verträge enthielten Klauseln, welche die Sparkasse berechtigten, im Wesentlichen ohne Einschränkungen den Zinssatz einseitig anzupassen. Vielfach waren die Zinsen aufgrund des generell niedrigen Zinsniveaus deutlich gesenkt worden. Der BGH entschied, dass in zahlreichen Fällen eine zu starke und nicht ordnungsgemäße Zinssenkung seitens der Sparkasse vorgenommen worden sei.Musterfeststellungs-
verfahren auch im Abgasskandal
Musterfeststellungsklagen dürften insbesondere durch die Verfahren im Abgasskandal gegen die Volkswagen AG und aktuell gegen die Daimler AG Bekanntheit erlangt haben. Fahrer von Mercedes Fahrzeugen können sich hier über Ihre Rechte informieren. BRIXLANGE bietet eine kostenlose und unverbindliche Erstberatung für Betroffene an!Klage durch die Verbraucherzentrale Sachsen
Die Verbraucherzentrale Sachsen war der Auffassung, dass die Sparkasse Leipzig Kundinnen und Kunden über Jahre hinweg zu wenig Zinsen in Prämiensparverträgen gezahlt hat. Ein besonders stark Betroffener bringt die Wünsche der Kläger auf den Punkt:Gerechtigkeit für den kleinen Sparer zu erreichen, das ist das erste Ziel. Und das zweite Ziel ist natürlich, diese Summe, die verlorene Summe, die da sein soll, zu bekommen.
Änderungen nach Gutsherrenart ausbedungen
Bei der mündlichen Urteilsverkündung machte der BGH in ungewöhnlich unverblümter Art und Weise deutlich, was er von der Zinsanpassungsklausel der Sparkasse hält. Der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof führte aus:Die Musterbeklagte hat sich das Recht zur Änderung nach Gutsherrenart durch Aushang im Schalterraum ausbedungen. Das ist unzulässig.
Sparern dürften nicht unerhebliche Nachzahlungen zustehen
Einen eindeutigen neuen Referenzzins, der als Grundlage für die Festsetzung durch die Sparkasse Leipzig dienen könnte, legte der BGH nicht fest. Er stellte jedoch klar, dass im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen sei, “dass bei den Zinsanpassungen der anfängliche relative Abstand vom Vertragszinssatz zum Referenzzinssatz beizubehalten ist”. Zur Ermittlung des Referenzzinssatzes verwies der BGH den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Dresden zurück. Das höchste Gericht in Sachsen ist damit dazu aufgerufen, ggf. mit Hilfe von Sachverständigen den richtigen Referenzzins zu ermitteln.Auch weitere Banken und Sparkassen dürften betroffen sein
Im konkreten Fall wurde nur das Vertragswerk der Sparkasse Leipzig beleuchtet. Allerdings haben auch zahlreiche andere Sparkassen und Banken, insbesondere Volks- und Raiffeisenbanken, ähnliche Sparverträge angeboten. Insofern ist von einem wegweisenden Urteil mit Signalwirkung für weitere Geldhäuser auszugehen. Für Verbraucher stellt sich insbesondere die Frage, ob die betroffenen Institute die Beträge von sich aus auszahlen oder von der Finanzaufsicht BaFin dazu gedrängt werden müssen.Durchschnittlich 3.100 Euro zu wenig Zinsen
Laut der Verbraucherzentrale Sachsen dürften Kunden der Sparkasse Leipzig im Schnitt Zinsnachzahlungen in der Größenordnung von 3.100 Euro zustehen. Der Musterfeststellungsklage hatten sich etwa 1.300 Verbraucherinnen und Verbraucher angeschlossen. Bundesweit sind neben zahlreichen Klagen von einzelnen Bankkunden auch acht weitere ähnliche Musterfeststellungsklagen, etwa gegen die Sparkassen Zwickau (Az. 5 MK 1/20) und Vogtland (Az. 5 MK 2/20), anhängig. Zukünftig ist mit zahlreichen weiteren Klagen zu rechnen, welchen nach dem Urteil des BGH gute Erfolgsaussichten bescheinigt werden können.S-Prämiensparen flexibel
Die betroffenen Sparverträge bei den Sparkassen haben häufig den Namen “S-Prämiensparen flexibel”. Sie stammen aus den Jahren 1990 bis 2010. Es kann davon ausgegangen werden, dass von diesen Verträgen insgesamt mehr als eine Million Stück abgeschlossen wurden.BaFin hat Banken und Sparkassen zur Zahlung aufgefordert
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) versucht die Geldhäuser zur Zahlung zu verpflichten. Gegen eine entsprechende Allgemeinverfügung der BaFin haben allerdings 1.000 Kreditinstitute Widerspruch eingelegt. Auch die Bürgerbewegung “Finanzwende” fordert die Institute zur Nachzahlung der zu geringen Zinsen auf.Da es Musterfeststellungsklagen in Deutschland in dieser Form erst seit 2018 gibt, war die BGH-Entscheidung mit großer Spannung erwartet worden. Eine Musterfeststellungsklage kann für Verbraucher ohne Rechtsschutzversicherung den Vorteil bringen, zunächst ohne finanzielles Risiko zu klagen.Es bleibt nun abzuwarten, wie das OLG Dresden den höheren Referenzzins festlegen wird. Bei weiteren Neuigkeiten zu diesem Thema werden wir Sie hierzu informieren.Bleiben Sie auf dem Laufenden.
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