Vielversprechender Beschluss vom OLG Dresden im Daimler Dieselskandal
Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden sendet einen positiven Impuls im Abgasskandal für Daimler-Fahrer. Mit Beschluss vom 29.07.2021 hat das höchste Zivilgericht des Freistaats Sachsen (Az. 9a U 2517/19) durchblicken lassen, dass es von einem Erfolg des Geschädigten ausgehe. Aus juristischen Gründen wurde das Verfahren zunächst zwar ausgesetzt, eine Verurteilung dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein.
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Eine Frage der Zeit - Verfahren wird zunächst ausgesetzt
Das Gericht will zunächst noch das verwaltungsgerichtliche Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Schleswig abwarten. Vor dem VG Schleswig hat die Daimler AG Anfechtungsklage gegen die verpflichtende Rückrufanordnung des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) erhoben. Die Erfolgsaussichten für die Daimler AG sind äußerst gering.
Für Betroffene der Abgasmanipulation durch die Daimler AG bergen die inhaltlichen Ausführungen des OLG Dresden jedoch schon jetzt positive Sprengkraft.
Daimler-Diesel mit Euro 6 Abgasnorm streitgegenständlich
In dem Verfahren ging es um einen gebrauchten Mercedes-Benz der Abgasnorm Euro 6. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte mit Rückrufbescheid vom 23.05.2018 und Ergänzungsbescheid vom 03.08.2018 für das betreffende Fahrzeug und weitere vergleichbare Fahrzeuge verpflichtende Rückrufe wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen angeordnet. Konkret stützte das KBA den Rückruf auf die unzulässige Steuerung des SCR-Systems und damit auf die fehlerhafte Eindüsung von Ad-Blue. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Gegen die Entscheidung war der Kläger in Berufung gegangen.
Inhaltlich verbraucherfreundliche Rechtsauffassung vom OLG Dresden
Der Senat 9a des OLG Dresden hatte mit Beschluss vom 24.11.2020 darauf hingewiesen, dass die Daimler AG eine sog. sekundäre Darlegungslast treffe und es ihr obliege, zu erläutern, worin das KBA die unzulässige Abschalteinrichtung sehe. Außerdem sollte Daimler erläutern, warum aus ihrer Sicht keine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege. Das OLG Dresden stellte klar, dass es andernfalls den Ausführungen des Klägers folgen werde. Das gelte auch für die Frage des vorsätzlichen Handelns der Daimler AG. Das Gericht legte dar, dass das Fahrzeug des Klägers mit einer gem. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 unzulässigen Abschalteinrichtung von der Beklagten versehen und in den Verkehr gebracht worden sei.
Das OLG Dresden wies darauf hin, dass der geltend gemachte Anspruch nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Senats dem Grunde nach gegeben und die Klage auch der Höhe nach im Wesentlichen begründet sei. Der Kläger habe einen Anspruch aus § 826 BGB gegen die Daimler AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.
Sekundäre Darlegungslast von Daimler nicht erfüllt
Das OLG Dresden war der zutreffenden Auffassung, dass die Daimler AG alle wesentlichen Tatsachen kenne und es ihr unschwer möglich und zumutbar sei, nähere Angaben zur Motorsteuerung zu machen. Dies könne vom Kläger hingegen nicht verlangt werden. Im Rahmen dieser sekundären Darlegungslast sei Daimler auch verpflichtet, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen. Daimler müsse den Grund des Rückrufs also darlegen.
Die dann folgende Stellungnahme des Herstellers der Premiummarke Mercedes-Benz überzeugte den Senat nicht. Es sei der Daimler AG nicht gelungen, darzulegen, warum das KBA die Steuerung des SCR-Systems als unzulässig eingestuft hat. Der Senat wertete die Schilderungen der Daimler AG als nicht nachvollziehbar. Da die Daimler AG schon nicht erklärt habe, worin genau aus Sicht des KBA die Abschalteinrichtung liege, könne die Frage der Rechtfertigung einer Abschalteinrichtung nicht erörtert werden.
Senat ging auch von Kenntnis von mindestens einer verantwortlichen Person von Daimler aus
Da die Daimler AG schon der sekundären Darlegungslast zur Funktionsweise der Abschalteinrichtung und zum Hintergrund des vom KBA angeordneten Pflichtrückrufs nicht nachgekommen sei, ging der Senat konsequenterweise davon aus, dass die Daimler AG auch nicht ausreichend zur umstrittenen Frage, ob verantwortliche Personen des Stuttgarter Autoherstellers Kenntnis von den Manipulationsvorgängen gehabt hätten.
Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung
Im Ergebnis nahm der Senat damit eine vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung des Mercedes Diesel-Fahrers durch die Daimler AG an. Der Senat legte dar, dass den verantwortlichen Personen bewusst gewesen sein müsse, dass die Motorsteuerung nicht zulässig gewesen sei. Damit muss nach Ansicht des Senats Kenntnis darüber bestanden haben, dass im Fall der Entdeckung der Manipulation die Stilllegung der betroffenen Fahrzeuge und damit ein erheblicher Schaden drohte.
Beschluss vom OLG Dresden - positive Entwicklungen auf OLG-Ebene gegen die Daimler AG
Im Jahr 2021 haben verschiedene Oberlandesgerichte vergleichbar zum OLG Dresden auf die sekundäre Darlegungslast der Daimler AG bei Pflichtrückrufen vom KBA hingewiesen. Sowohl das OLG Saarbrücken als auch das OLG Celle haben in vergleichbaren Fällen ähnliche Rechtsauffassungen geäußert. Endentscheidungen stehen noch aus, aber es besteht ausreichend Grund, optimistisch zu sein.
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