Bearbeitungspauschale doch nicht in Gesamtpreis einzurechnen

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Anderer Ansicht als das LG Hannover (dazu unten) ist das OLG Celle. Nach dessen Ansicht muss eine Bearbeitungspauschale, die erhoben wird, wenn der Bestellwert eine bestimmte Höhe nicht erreicht, nicht in den Gesamtpreis nach § 3 Abs. 1 PAngV eingerechnet werden. Nach Ansicht des OLG Celle handelt es sich vielmehr um sonstige Kosten i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 PAngV, die gesondert anzugeben sind (OLG Celle, Urt. v. 30.1.2024, Az. 13 U 36/23).

Zuvor hatte das LG Hannover anders entschieden:

Eine Bearbeitungspauschale, die beim einem Online-Einkauf abhängig vom Warenwert anfällt, ist ein "sonstiger Preisbestandteil" i.S.v. § 3 Abs. 1 PAngV (Preisangabenverordnung) und muss in den Endpreis (Gesamtpreis) eingerechnet und als Teil des Endpreises ausgewiesen werden (LG Hannover, Urt. v. 10.07.023, Az. 13 O 164/22).

Der Beklagte hatte in ihrem Webshop Filtertüten für Staubsauger für 14,90 EUR angeboten, verlangte dazu aber noch eine Bearbeitungspauschale i.H.v. 3,95 EUR, die erst im Warenkorb als zusätzliche Position angezeigt wurde, und nicht in den Gesamtpreis eingerechnet wurde. Darüber wurde zwar u.a. mit einem Sternchenhinweis (link auf weitere Seite mit Informationen zu verschiedenen Nebenkosten) am ausgewiesenen Preis hingewiesen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hielt dieses Verhalten für einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen die Pflicht zur Angabe von Gesamtpreisen nach § 3 Abs. 1 PAngV, das LG Hannover gab ihr recht.

Mit § 3 Abs. 1 PAngV handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung nach § 3a UWG (vgl. BGH, GRUR 2010, 652 [653] – Costa del Sol), gegen die der Beklagte verstoßen hatte (LG Hannover, a.a.O.):

"Zweck dieser Grundnorm der Preisangabenverordnung ist es, Verbraucher:innen besser zu informieren und ihnen einen Preisvergleich zu erleichtern (vgl. Art. 1 RL 98/6). Preisangaben sollen durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Klarheit über die Preise und ihre Gestaltung gewährleisten, zugleich soll verhindert werden, dass Verbraucher:innen ihre Preisvorstellung anhand untereinander nicht vergleichbarer Preise gewinnen müssen. Verbraucher:innen sollen also nicht selbst den letztlich zu zahlenden Preis ermitteln müssen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler PAngV § 3 Rn. 2).

Der Beklagte hat bei der Bewerbung seiner Artikel im Internet gegen § 3 Abs. 1 PAngV verstoßen, weil bei dem streitgegenständlichen Artikel […] nicht der Gesamtpreis in Höhe von 18,85 Euro angegeben worden ist."


Der nach § 3 Abs. 1 PAngV anzugebende Gesamtpreis ist gem. § 2 Nr. 3 PAngV der "Preis, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile für eine Ware oder eine Leistung zu zahlen ist", also das tatsächlich zu zahlende Gesamtentgelt. Auch sonstige Preisbestandteile, wie die streitgegenständliche, nicht erstattungsfähige Bearbeitungspauschale daher sind in den Gesamtpreis einzubeziehen:

"Die „sonstigen Preisbestandteile“ sind in den anzugebenden „Gesamtpreis“ mit einzubeziehen (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 03.03.2021, 3 U 31/20, juris). Dabei sind „Sonstige Preisbestandteile“ alle unvermeidbaren, vorhersehbaren obligatorisch vom Verbraucher zu tragenden Preisbestandteile, welche eine Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bilden ..."


Insb. erschwerte die separate Ausweisung der Bearbeitungspauschale den angesprochenen Verbrauchern einen objektiven Preisvergleich:

"Für ein solches Verständnis spricht auch der bereits dargelegten Sinn und Zweck der Vorschrift, Verbraucher:innen besser zu informieren und ihnen einen Preisvergleich zu erleichtern (vgl. Art. 1 RL 98/6). Für einen anzustellenden Preisvergleich bezüglich dieses Artikels mit anderen vergleichbaren Artikeln anderer Anbieter ist letztlich der zu zahlende Gesamtpreis für diesen einen Artikel (mit Bearbeitungspauschale) relevant. Durch die Preisgestaltung und Angabe des Beklagten wird Verbraucher:innen letztendlich ein Preisvergleich deutlich erschwert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass durchschnittliche Verbraucher:innen bei einem Preisvergleich in der Regel den Preis eines einzelnen Produktes vergleichen und nicht den Preis einer Vielzahl von Produkten mit dem Preis einer Vielzahl von Produkten bei anderen Anbietern abgleichen."


Bei Bearbeitungspauschale handelt es sich auch nicht um Versandkosten oder Lieferkosten, die ausnahmsweise nicht in den Gesamtpreis eingerechnet werden müssen, sondern z.B. mit Sternchenhinweis ausgewiesen werden können (vgl. bereits OLG Hamm, Urt v. 28.06.2012, Az. I-4 U 69/12 zu einem "Mindermengenpreiszuschlag"). Mit der Bearbeitungspauschale handelt sich um Material- und Personalkosten, welche normalerweise im Rahmen der Kalkulation des Gesamtpreises berücksichtigt werden.

Bei Preisangaben ist Vorsicht geboten! Um insb. Verbrauchern einen objektiven Preisvergleich zu ermöglichen, sind sämtliche Nebenkosten in den Gesamtpreis für den konkreten Kaufgegenstand einzurechnen. Neben den Versand- und Lieferkosten sind nur der erstattungsfähige Pfand für Pfandflaschen und Pfandbehälter nicht in den Gesamtpreis einzurechnen, sondern gem. § 7 Satz 1 PAngV (direkt) neben dem Gesamtpreis gesondert anzugeben – wie jüngst der Bundesgerichtshof nach Vorlage an den EuGH entscheiden hat (BGH, Urt. v. 26.10.2023, Az. I ZR 135/20 – Flaschenpfand IV)!

Dr. jur. Urs Verweyen, LL.M. (NYU)
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