Metall auf Metall V: BGH legt Pastiche dem EuGH vor

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In dem seit nunmehr über 20 Jahren andauernden Rechtsstreit zwischen der legendären Musikgruppe Kraftwerk und dem kaum weniger legendären Musiker und Musikproduzenten Moses Pelham über die Nutzung eines 2-sekündigen Samples aus dem Kraftwerk-Titel "Metall auf Metall" in dem von Pelham komponierten und produzierten, von der Sängerin Sabrina Setlur eingesungenen Stück "Nur mir" legt hat der Bundesgerichtshof BGH dem Europäischen Gerichtshof EuGH mit Beschluss vom 14. September 2023, Az. I ZR 74/22 - Metall auf Metall V, die Frage vor,gelegt, ob es sich mit Sampling, also der "Technik des "Elektronischen Kopierens von Audiofragmenten" um eine erlaubnis- und vergütungsfreie Nutzung im Sinne eines Pastiche gem. § 51a Satz 1 UrhG, Art. 5 Abs. 3 lit. k) InfoSoc-RiL 2001/29/EG handelt.

Aus der Pressemeldung des BGH Nr. 157/2023 vom 14.09.2023:

"Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt sich zunächst die Frage, ob die Schrankenregelung der Nutzung zum Zwecke von Pastiches im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG ein Auffangtatbestand jedenfalls für eine künstlerische Auseinandersetzung mit einem vorbestehenden Werk oder sonstigen Bezugsgegenstand einschließlich des Sampling ist und ob für den Begriff des Pastiches einschränkende Kriterien wie das Erfordernis von Humor, Stilnachahmung oder Hommage gelten. Die Pastiche-Schranke könnte als allgemeine Schranke für die Kunstfreiheit zu verstehen sein, die deshalb notwendig ist, weil der Kunstfreiheit allein durch die immanente Begrenzung des Schutzbereichs der Verwertungsrechte auf eine Nutzung der Werke und Leistungen in wiedererkennbarer Form (vgl. EuGH, GRUR 2019, 929 [juris Rn. 31] - Pelham u.a.) und die übrigen Schrankenregelungen wie insbesondere Parodie, Karikatur und Zitat nicht in allen Fällen der gebotene Raum gegeben werden kann. Die hier in Rede stehende Technik des "Elektronischen Kopierens von Audiofragmenten" (Sampling), bei der ein Nutzer einem Tonträger ein Audiofragment entnimmt und dieses zur Schaffung eines neuen Werks nutzt, ist eine künstlerische Ausdrucksform, die unter die durch Art. 13 EU-Grundrechtecharta geschützte Freiheit der Kunst fällt (EuGH, GRUR 2019, 929 [juris Rn. 35] - Pelham u.a.; zu Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vgl. BVerfGE 142, 74 [juris Rn. 89]). Die Rechte der Urheber, Tonträgerhersteller und ausübenden Künstler gemäß Art. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG genießen den Schutz des geistigen Eigentums gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta. Dem Ziel des angemessenen Ausgleichs von Rechten und Interessen trägt der in Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehene "Drei-Stufen-Test" Rechnung, dessen Voraussetzungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt sind.

Sodann stellt sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die weitere Frage, ob die Nutzung "zum Zwecke" eines Pastiches im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG die Feststellung einer Absicht des Nutzers erfordert, einen urheberrechtlichen Schutzgegenstand zum Zwecke eines Pastiches zu nutzen oder ob die Erkennbarkeit des Charakters als Pastiche für denjenigen genügt, dem der in Bezug genommene urheberrechtliche Schutzgegenstand bekannt ist und der das für die Wahrnehmung des Pastiches erforderliche intellektuelle Verständnis besitzt."


Das Oberlandesgericht Hamburg hatte das zuletzt im Urteil vom 22. April 2022, Az. 5 U 48/05 (GRUR 2022, 1217) noch bejaht. DasBundesverfassungsgericht hatte zuvor in seinem Urteil vom 31. Mai 2016, Az. 1 BvR 1585/13 (BVerfGE 142, 74) – Metall auf Metall, erkannt, dass Sampling als "stilprägendes Element des Hip-Hop" durch die Kunstfreiheit geschützt und daher grundsätzlich zulässig ist.


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